Foto: Arno Declair, 2006
Foto: Arno Declair, 2006 
Foto: Arno Declair, 2006
Foto: Arno Declair, 2006 
Foto: Arno Declair, 2006
Foto: Arno Declair, 2006 
Foto: Arno Declair, 2006
Foto: Arno Declair, 2006 
 

Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken? 1

von und mit Friedrich Schiller
Realisation: Patrick Wengenroth

»Ein Wegweiser durch das bürgerliche Leben«

»Die Schaubühne ist mehr als jede andere öffentliche Anstalt des Staats eine Schule der praktischen Weisheit, ein Wegweiser durch das bürgerliche Leben, ein unfehlbarer Schlüssel zu den geheimsten Zugängen der menschlichen Seele.« – Mit diesen und vielen weiteren großen Worten, rhetorischen Fragen und Superlativen versuchte der 24-jährige Friedrich Schiller im Sommer 1784 seine Zuhörer des illustren Kreises der »Deutschen Gesellschaft« von seiner Vision, der Funktion und Legitimation eines »Nationaltheaters«, zu begeistern. Vergeblich, wie sich bald zeigte. Die heiß begehrte und gut bezahlte Stelle als Sekretär dieser Gesellschaft bekam Schiller jedenfalls nicht. Und zu allem Überfluss war er wenige Monate später auch noch seinen lukrativen Job als Theaterdichter in Mannheim wieder los und stand mit einem Bein im Schuldturm …
Diese privaten Nebenaspekte seiner Biografie einmal außer Acht lassend, wollen wir in unserem neuen und seriellen Studio-Format Friedrich Schillers flammendes Plädoyer für die Kraft der Schaubühne ernst nehmen und einer eingehenden theatralen Überprüfung unterziehen: Wie moralisch ist denn diese Theater-Anstalt überhaupt noch, in der wir, die so genannten Bühnen-Künstler, täglich rattern und knattern, dass sich die Balken biegen? Sind wir überhaupt noch Förderer und Diener der »allgemeinen Glückseligkeit« und des »Nationalgeists unseres Volkes« oder dienen wir nur unserer Eitelkeit und Virtuosität?
Seien Sie, verehrtes Publikum, bei uns zu Gast als Bürger, Kunde und Versuchsobjekt in einem, wenn wir mit Ihnen und für Sie unter Friedrich Schillers Supervision und Moderation die guten alten Dramen deutscher Zunge durchforsten und nachspielen, plündern und zelebrieren. Eine ordentliche Portion Aufklärung gibt es von uns als Weiterbildungsangebot noch oben drauf, garniert mit gelegentlichen musikalischen Leckerbissen zur kulinarischen und ästhetischen Erbauung.
Und dann wollen wir alle zusammen mal sehen und erleben, ob unsere Schaubühne wirklich »der gemeinschaftliche Kanal ist, in welchen von dem denkenden bessern Teile des Volks das Licht der Weisheit herunterströmt und von da aus in milderen Strahlen durch den ganzen Staat sich verbreitet«, oder ob wir letzten Endes doch zu dem Schluss kommen müssen: »Der Mensch ist ein Franz Moor.«

Realisation: Patrick Wengenroth
Bühne: Mascha Mazur
Kostüme: Ulrike Gutbrod
Musik: Matze Kloppe

Premiere war am 15. September 2009