24.02.2022 > FIND 2022: Schaubühne veröffentlicht Programm zum Festival Internationale Neue Dramatik vom 31. März bis 10. April
Acht Produktionen aus fünf Ländern sind beim FIND 2022 erstmals in Berlin zu sehen. Artist in Focus des diesjährigen Festivals ist der kanadische Theatermacher Robert Lepage. Der Vorverkauf beginnt am 1. März.
Erst im Herbst 2021 wurde die letzte Ausgabe des FIND, die sich pandemiebedingt auf Produktionen aus Europa beschränkte, nachgeholt. Nun zeigt das FIND 22 – wieder zum ursprünglichen Zeitpunkt im Frühjahr – neue Werke auch aus weiteren Teilen der Welt. Besondere Aufmerksamkeit widmet die diesjährige Edition dabei den »Amerikas«, von Kanada über die USA bis nach Chile. Außerdem stehen Werke aus Frankreich und Belgien auf dem Festivalprogramm.
Artist in Focus: Robert Lepage
Im Zentrum steht der kanadische Theaterregisseur, Autor, Schauspieler und Filmemacher Robert Lepage (Québec). Nach jahrzehntelanger Abwesenheit vom Theaterleben dieser Stadt ist er erstmals wieder auf einer Berliner Bühne zu erleben. Lepages Werk ist in seiner umfassenden Ausschöpfung der theatralen Mittel einzigartig und prägend für mehrere Generationen von Theatermacher_innen. Beim FIND kann das Publikum zwei legendäre Inszenierungen aus unterschiedlichen Schaffensperioden des Regisseurs live erleben. Außerdem werden die beiden Filme »The Confessional« (1995) und »La Face cachée de la Lune« (2003) von Robert Lepage im Rahmen des Festivals gezeigt.
Zum ersten Mal in Berlin zu sehen ist eines von Lepages jüngsten Werken, das Monodrama »887«. Lepage, selbst Darsteller auf der Bühne, unternimmt darin eine gleichermaßen berührende wie überraschende Reise in sein eigenes Gedächtnis. Mit »The Seven Streams of the River Ōta«, entstanden zwischen 1994 und 1996, erweckt Lepage für das FIND ein Meisterwerk seiner frühen Jahre wieder zum Leben. Die titelgebenden sieben Arme des japanischen Ōta-Flusses werden in sieben Geschichten verkörpert, die stellvertretend die großen Plagen der Menschheit im halben Jahrhundert von 1945 bis 1995 vorführen. Über die Aufführungen in den Sälen der Schaubühne hinaus wird Robert Lepage durch weitere Veranstaltungen in seinen verschiedenen Facetten als Künstler und insbesondere auch als Filmemacher beleuchtet.
Internationales Panorama
In »Until the Flood« erforscht Dael Orlandersmith (St. Louis) auf der Basis von Interviews mit Zeug _innen und Betroffenen die Hintergründe der Unruhen in Ferguson (Missouri) nach der Erschießung des Jugendlichen Michael Brown. Das von ihr selbst performte Resultat der Recherchen gibt der Black Lives Matter-Bewegung ein szenisches Gesicht.
Ebenfalls auf Grundlage eines Dokuments – dem wörtlichen Transkript eines FBI-Verhörprotokolls bei der Verfolgung eines Datenleaks – entwickelt Tina Satter (New York) in »Is This A Room« ein packendes und zugleich gespenstisches Porträt einer 25-jahrigen Whistleblowerin und staatlicher Repression.
Zu Gast beim FIND ist zudem erneut die Belgierin Anne-Cécile Vandalem (Brüssel): In »Kingdom« wird für eine Familie die neue Heimat abseits der Zivilisation zur Hölle. »Kingdom« ist nach »Tristesses« und »Arctique« der letzte Teil einer Trilogie der Regisseurin über das Scheitern der westlichen Zivilisation.
Nicht minder dystopisch beginnt das neue Stück von Caroline Guiela Nguyen (Paris): In »FRATERNITÉ, Conte fantastique« treffen sich die Überlebenden einer Sonnenfinsternis in einem »Zentrum für Sorge und Trost«. Dort bilden sie eine utopische Gemeinschaft und helfen einander, mit dem Verlust umzugehen.
Im Studio der Schaubühne wird mit »L’Aventure invisible« zudem die neueste Produktion von Marcus Lindeen (Paris/Stockholm) zu sehen sein, der sich anhand dreier realer und in ihrer Ungewöhnlichkeit doch vermeintlich an Grenzen des Fantastischen angesiedelten Fallgeschichten mit Fragen über Identität, Tod und Transformation beschäftigt.
Neue Dramatik an der Schaubühne
Mit der Koproduktion »Oasis de la Impunidad« setzt die Schaubühne ihre langjährige Zusammenarbeit mit dem chilenischen Regisseur und Autor Marco Layera (Santiago de Chile)
fort. In seiner neuesten Produktion, die beim FIND ihre internationale Premiere feiert, setzt er sich mit seiner Kompanie La Re-sentida mit der Rebellion in Chile im Jahr 2019 und der Wirkung von Gewalt auf der Straße und der Bühne auseinander.
Um die Wechselwirkungen zwischen weiblichem Begehren und normierten Geschlechterrollen geht es in »Erinnerung eines Mädchens«, einer Adaption von Annie Ernaux’ Text. Die erste Regiearbeit von Sarah Kohm (Berlin) an der Schaubühne feiert im Studio ihre Premiere. Aus dem Repertoire ist außerdem Maja Zades neuestes Stück »reden über sex« in der Inszenierung von Marius von Mayenburg zu sehen.
Diskursiv begleitet wird das künstlerische Programm durch Podiumsdiskussionen: In einer Gesprächsrunde zum Thema Whistleblowing berichtet Lisa Kretschmer von Reporter ohne Grenzen über ihre Erfahrungen und den Kampf zum Schutz von Bürgerrechtler_innen, die zu Verräter_innen kriminalisiert werden Außerdem ist am zweiten Festivalsonntag in diesem Jahr wieder eine Ausgabe des Streitraum Teil des FIND: Unter dem Motto »Black Lives Matter – nicht nur irgendwann und woanders, sondern hier und jetzt« diskutiert Carolin Emcke unter anderem mit dem Aktivisten und Sprecher der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, Tahir Della, sowie der Frankfurter Journalistin Hadija Haruna-Oelker über Diskriminierung und anti-Schwarzen Rassismus in Deutschland.
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