25.09.2024 > Offener Brief des Bühnenvereins Landesverband Berlin

Offener Brief des Bühnenvereins Landesverband Berlin

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Wegner, Sehr geehrter Herr Senator Evers, Sehr geehrter Herr Senator Chialo,

am 19. September 2024 haben Sie den Vertreter*innen aller Kulturbereiche in einer Informationsveranstaltung die Haushaltsnotlage des Landes Berlin und die notwendigen und drastischen Einsparauflagen in 2025 und 2026 auch für den Kulturetat erläutert. Ein Einsparvolumen von 110 bis 150 Millionen Euro oder mehr für 2025 und nochmals eine ähnliche Summe für 2026 stehen im Raum.

Einsparungen in dieser Größenordnung kämen einem Kahlschlag für die Kultur in Berlin gleich:

  • Die institutionell geförderten Opern-, Konzert- und Theaterhäuser wären gezwungen, den bereits geplanten und vertraglich verabredeten Produktions- und Spielbetrieb weitestgehend auszudünnen. Denn mit hohen Fixkosten für Personal und Gebäudeunterhaltung besteht der einzige budgetäre Spielraum im künstlerischen Programm. Die Auswirkungen auf das kulturelle Angebot der Stadt wären drastisch – allein die 29 Mitgliedsbetriebe im Bühnenverein erreichen jährlich rund 3 Millionen Besucher*innen.
  • Privatrechtlich organisierten Häusern drohte die Insolvenz.
  • Kürzungen bei den projektbezogenen Förderungen träfen die vulnerabelsten Bereiche der freien Szene und der Performing Arts, der Literatur, der Bildende Kunst, des Tanzes und der kulturellen Bildung.
  • Wichtige Einrichtungen der Freien Szene, der Clubs, der Literatur, der Bildenden Kunst wären wegen ausbleibender Kooperationen von der Schließung bedroht.
  • Der „Arbeitsplatz Kultur“ wäre unmittelbar und in großem Umfang von Entlassungen und dem beruflichen Aus Vieler bedroht. Immerhin arbeiten allein 8,2% der Erwerbstätigen in Berlin im Kulturbereich.
  • Das kulturelle Angebot wäre ein Bruchteil von dem, was es jetzt ist. Damit verschwänden Räume des sozialen Miteinanders und der Begegnung, des gesellschaftlichen Dialogs, Angebote der kulturellen und politischen Bildung, Orte der Freizeit und des Kulturgenusses.
  • Die mit dem Kultursektor verbundene Umwegrentabilität sänke massiv. Wirtschaftszweige wie Hotel- und Gaststättengewerbe, Tourismus, Nahverkehr, Einzelhandel etc. würden empfindliche Einbußen erleiden. 
  • Die hohe internationale Präsenz der Berliner Kultur über Gastspiele und Kooperationen überall in der Welt bräche weg. Die internationale Kulturszene, die über viele Festivals und Kooperation nach Berlin kommt, bliebe der Stadt fern.
  • Die Vielfalt, die Exzellenz, die Kraft, die Innovationsfähigkeit der Kultur in Berlin würde geschwächt oder verschwände. Die internationale Strahlkraft Berlins, die viele in unsere Stadt zieht und die die Stadt als Lebensort so attraktiv macht, würde verblassen.

 

Die im Raum stehenden Kürzungen sind für die Kultur keine haushaltspolitischen Weichenstellungen für die Zukunft. Mit diesen Plänen würde die Kultur mit voller Wucht gegen die Wand fahren. 

Als Verbund der Opern- und Konzerthäuser, der Orchester, der Sprechtheater, der Revue und des Kabaretts in Berlin rufen wir den Senat dazu auf, bei den anstehenden Beratungen zur Konsolidierung des Gesamtlandeshaushalts den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stellenwert der Kultur in den Fokus zu nehmen. Das erzielte Einsparvolumen im kleinsten Ressortetat der Stadt steht in einem eklatanten Missverhältnis zu den immensen Schäden, für die man noch in Jahrzehnten einen hohen Preis zahlen wird. Wir appellieren an Sie: Graben Sie der Kultur Berlins nicht das Wasser ab. Berlin lebt von der Kultur. Die Kultur bildet Gesellschaft und schafft Lebensqualität. Sie ist der entscheidende Standortfaktor Berlins. Sie prägt Berlins Image, auch und gerade im Vergleich mit anderen deutschen sowie internationalen Metropolen. 

Der Bühnenverein steht solidarisch zusammen mit allen Bereichen der Kultur in Berlin. Wir lassen uns nicht in Verteilungskämpfe treiben. Berlin braucht die Vielfalt der Kultur, Berlin profitiert von den wechselseitigen Impulsen der unterschiedlichen Kulturbereiche. Das macht die Stadt reich und zukunftsfähig. Jeder Euro für die Kultur ist eine Investition, die sich vielfach auszahlt. Ideell, gesellschaftlich und wirtschaftlich.

                                                                                                 

Bühnenverein Landesverband Berlin

Für den Vorstand Thomas Fehrle, Christina Schulz, Karin Bares und Tobias Veit

25. September 2024

 

Folgende Unterstützer*innen schließen sich dem offenen Brief des Bühnenvereins an:

Daniel Barenboim, Dirigent und Pianist

Janina Benduski, Vorstand Berliner Kulturkonferenz

Frauke Boggasch, Birgit Cauer, Sprecherinnen des Berufsverbands bildender Künstlerinnen und Künstler Berlin e.V.

Philip Bröking, Intendant und Operndirektor der Komischen Oper Berlin

Yvonne Büdenhölzer, Leiterin Suhrkamp Theaterverlag und Präsidentin des ITI - Zentrum Germany

Frank Castorf, Regisseur

Annette Dasch, Sängerin

Geoffroy de Lagasnerie, Philosoph und Soziologe

Justin Doyle, Dirigent

Lars Eidinger, Schauspieler

Didier Eribon, Soziologe und Philosoph

Silvia Fehrmann, Leitung Berliner Künstlerprogramm des DAAD

James Gaffigan, Dirigent

Fritzi Haberlandt, Schauspielerin

Jörg Hartmann, Schauspieler

Evelyn Herlitzius, Opernsängerin

Jens Hillje, Künstlerische Leitung & Geschäftsführung Sophiensaele

Nina Hoss, Schauspielerin

Vladimir Jurowski, Dirigent

Ulrich Khuon, Intendant am Schauspielhaus Zürich

Burghardt Klaußner, Schauspieler und Theaterregisseur

Barrie Kosky, Opern- und Theaterregisseur

Kurt Krömer, Komiker und Schauspieler

Nina Kunzendorf, Schauspielerin

Ursina Lardi, Schauspielerin

lris Laufenberg, Intendantin am Deutschen Theater Berlin

Gijs Leenaars, Dirigent

Joana Mallwitz, Chefdirigentin und künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin

Ulrich Matthes, Schauspieler

Joachim Meyerhoff, Schauspieler

Susanne Moser, Geschäftsführende Direktorin an der Komischen Oper Berlin

Martin Muehle, Opernsänger

Celina Nicolay, Künstlerische Betriebsdirektorin der Volksbühne

Andrea Niederbuchner, Künstlerische Leitung & Geschäftsführung Sophiensaele

Sebastian Nordmann, Intendant vom Konzerthaus Berlin

Camilla Nylund, Opernsängerin

Thomas Ostermeier, Künstlerischer Leiter der Schaubühne und Regisseur

Matthias Pees, Intendant der Berliner Festspiele

Caroline Peters, Schauspielerin

Kirill Petrenko, Dirigent

Sir Simon Rattle, Dirigent

Milo Rau, Autor, Regisseur und Intendant der Wiener Festwochen

Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles

Anselm Rose, Geschäftsführer der Rundfunk Orchester und Chöre Berlin

Sir Donald Runnicles, Dirigent

Jochen Sandig, Regisseur und Kulturunternehmer

Berndt Schmidt, Intendant und Geschäftsführer Friedrichstadt Palast Berlin

Anna Schudt, Schauspielerin

Torben Schumacher, Geschäftsführender Direktor Maxim Gorki Theater Berlin

Katharina Schüttler, Schauspielerin

Dietmar Schwarz, Intendanz der Deutschen Oper Berlin

Elisabeth Sobotka, Intendantin der Bregenzer Festspiele

Doris Soffel, Opernsängerin

Christian Spuck, Intendant des Staatsballetts Berlin

Michael Thalheimer, Regisseur

Christian Thielemann, Dirigent

Robin Ticciati, Dirigent    

Annemie Vanackere, Intendanz & Geschäftsführung HAU Hebbel am Ufer

GdBA vertreten von Jesse Garon Vorsitzender des GDBA Landesverbands Berlin Brandenburg & Beisitz Solo

Georg Vierthaler, Generaldirektor der Stiftung Oper in Berlin

Rolando Villazón, Opernsänder

Marius von Mayenburg, Dramatiker und Dramaturg

Sasha Waltz, Choreografin, Tänzerin und Opernregisseurin

Mark Waschke, Schauspieler

Jossi Wieler, Theater- und Opernregisseur

Angela Winkler, Schauspielerin

Maja Zade, Leitende Dramaturgin der Schaubühne

Andrea Zietzschmann, Intendantin der Stiftung Berliner Philharmoniker

 

Die Petition kann unterzeichnet werden unter: https://weact.campact.de/p/berliner-kultur-retten

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