03.06.2022 > Premiere des theaterpädagogischen Projekts »stolpern« mit Jugendlichen zum Thema Rechtsruck in Deutschland

In Kooperation mit dem Piccolo Kinder- und Jugendtheater Cottbus entstand das Format mit dem Titel »stolpern«. Premiere ist am 10. Juni in Cottbus und am 17. Juni an der Schaubühne.

In einem achtmonatigen Probenprozess setzten sich 18 Jugendliche zwischen 15 und 21 Jahren aus Cottbus und Berlin in einer theaterpädagogischen Arbeit mit den individuellen Schicksalen während der NS-Zeit verfolgter Personengruppen auseinander. Ausgangspunkt für das städteübergreifende künstlerisch-partizipative Format mit dem Titel »stolpern« sind die »Stolpersteine«, eine Arbeit des Künstlers Gunter Demnig, mit der er an in der NS-Zeit verfolgte Menschen erinnert. Unter der Leitung der Regisseur_innen und Theaterpädagog_innen Matthias Heine und Mai-An Nguyen beschäftigten sich die Jugendlichen mit Biografien von während der NS-Zeit deportierten und ermordeten Menschen und zugleich mit neofaschistischen Bewegungen und dem Rechtsruck in Deutschland: Welche sind die Verbindungslinien zwischen der Vergangenheit und dem Heute? In welcher Form konnte sich völkisches oder rechtsnationales Gedankengut über Generationen erhalten? Wie ist die eigene Familiengeschichte damit verbunden? Wie wird mit Minderheiten, die während der NS-Zeit als Juden und Jüd_innen, BPOCs, Homosexuelle, Sorb_innen verfolgt wurden, heute umgegangen? Gemeinsam reflektierten die Beteiligten, wie diese Personengruppen bis heute Ausgrenzung erfahren, und sammeln über diese Erfahrungen Material für das Theaterstück. Zugleich setzten sich die Jugendlichen mit sich selbst und ihren eigenen Lebensrealitäten auseinander: Welche Vorurteile haben sie übereinander? Mit welchen Vorurteilen sehen sie sich aufgrund ihrer Herkunft konfrontiert? Und schließlich: In welcher Welt wollen sie leben? Was sind ihre Forderungen? An einander, aber auch an die Gesellschaft, in der sie leben? Ergänzend zu den wöchentlichen Proben in Cottbus und Berlin kamen beide Gruppen zu gemeinsamen Proben, Workshops und einer Recherchereise zusammen: In einem Workshop unter der Leitung des Tänzers und Performers Howard Castell setzten sie sich mit der Ballroom-Szene – und so mit einer subversiven Kulturpraxis der afroamerikanischen und lateinamerikanischen LGBTQ*-Bewegung auseinander. Gemeinsam mit der Autorin Ewe Benbenek erprobten sie in zwei Schreibworkshops widerständige Strategien des Schreibens und das Schreiben als eine Praxis der Selbstermächtigung. Während einer Recherchereise nach Weimar in die Gedenkstätte Buchenwald vertieften sie ihre Auseinandersetzung mit den Schicksalen deportierter und ermordeter Menschen – und mit der Sprachlosigkeit, in der diese Schicksale sie zurückließen. Während all dieser Formate entwickelten sie Texte und szenisches Material, das in Inszenierung und Stückfassung miteinflossen.


Das Projekt wird von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) im Rahmen der Bildungsagenda NS-Unrecht und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.
Weitere Informationen: www.stolpern.info

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