21.06.2023 > Vorschau auf die erste Spielzeithälfte 2023/24 an der Schaubühne

Vorschau auf die erste Spielzeithälfte 2023/24 an der Schaubühne

Falk Richter und Yael Ronen sind zurück. Jette Steckel und Yana Thönnes inszenieren erstmals an der Schaubühne. Spielzeitauftakt mit neuer Plakatkampagne von Sarah Illenberger am 1. September 2023.

In der ersten Hälfte der kommenden Spielzeit von September 2023 bis Januar 2024 kehren zwei international erfolgreiche Künstler_innen mit neuen Inszenierungen an die Schaubühne zurück. Autor und Regisseur Falk Richter und Autorin und Regisseurin Yael Ronen arbeiten seit längerer Zeit zum ersten Mal wieder mit dem Schaubühnen-Ensemble. Falk Richter wird zudem eine weitere Produktion in der zweiten Spielzeithälfte inszenieren.

Am 1. September eröffnen wir die Spielzeit mit den Vorstellungen von »Das Leben des Vernon Subutex 1« und »Erinnerung eines Mädchens«. Die erste Premiere ist von der Regisseurin, Autorin und Performerin Yana Thönnes, die damit erstmals an der Schaubühne inszeniert. In ihrem Projekt »In Memory of Doris Bither« beschäftigt sie sich mit der Geschichte einer US-Amerikanerin, die in den 1970er-Jahren angab, von unbekannten Wesen in ihrem Haus heimgesucht und vergewaltigt worden zu sein. In einer Rekonstruktion der Ereignisse in Bithers Haus untersucht die Inszenierung den Zusammenhang von Trauma, Sprachlosigkeit und Spuk. Das Stück produzieren wir im Rahmen des Projekts »Studio als Labor für klimaneutrale Theaterpraxis«, das vom Fonds ZERO der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird. Premiere ist am 26. September im Studio.

Ebenfalls erstmals an der Schaubühne inszeniert die Regisseurin Jette Steckel. Sie zeigt »Prinz Friedrich von Homburg«, Heinrich von Kleists letztes, nur wenige Monate vor seinem Suizid entstandenes Drama. Das Stück leitet sein Konfliktpotential aus den Gegensätzen zwischen individueller Freiheit und Staatsräson ab und spürt der von Ingeborg Bachmann beschriebenen Unmöglichkeit nach, »Offizier und Mensch zugleich zu sein«. Premiere ist am 14. November.

Falk Richter bringt seinen autofiktionalen Theatertext »The Silence« zur deutschsprachigen Erstaufführung. In seinem Stück geht er zurück in die eigene Familiengeschichte, thematisiert beschwiegene Familientraumata, die in den eigenen Beziehungen fortgeschrieben werden, sowie die Frage, wie ein anderes Leben jenseits patriarchaler Unterdrückung aussehen könnte. Der Monolog wird von Dimitrij Schaad gespielt. Premiere ist am 19. November.

In seiner Inszenierung »Genesis« findet sich der Schaubühnen-Schauspieler Bastian Reiber im falschen Stück wieder und wird zum Schöpfer wider Willen – nicht der Welt, aber des Theaterabends, welchen er aus der Not erschaffen muss. Premiere ist am 30. November im Studio.

Yael Ronen wurde 2007 im Rahmen des Festivals für Internationale Neue Dramatik (FIND) erstmalig dem deutschsprachigen Publikum vorgestellt. 2009 zeigte sie ihre viel beachtete Produktion »Dritte Generation« an der Schaubühne, 2011 folgte »The Day Before the Last Day«. Für ihre neue Produktion, das Musical »Bucket List«, nimmt sie die Liste der Dinge, die wir glauben im Leben unbedingt gemacht haben zu müssen, in den Fokus. Dabei zeichnet sie ein Tableau exzentrischer und privilegierter Figuren, die sich einen sprunghaften moralischen Kompass leisten können. Als Stückentwicklung entsteht der Abend zusammen mit dem Ensemble und dem Songwriter Shlomi Shaban. Premiere ist am 9. Dezember.

Gemeinsam mit seinem Ensemble erkundet der ukrainische Regisseur Stas Zhyrkov in »Postkarten aus dem Osten« Ausprägungen von Kollaboration und Widerstand in Vergangenheit und Gegenwart und hinterfragt nationale Erinnerungskulturen. Es ist nach »Sich waffnend gegen eine See von Plagen (ОЗБРОЮЮЧИСЬ ПРОТИ МОРЯ ЛИХ)« seine zweite Arbeit an der Schaubühne. Premiere ist im Januar 2024 im Studio.

Folgende Serien werden auch in der nächsten Spielzeit im Studio gezeigt: In der zweiten Ausgabe der »Berliner Affären« bringen Ensemblemitglieder unter der Regie von İlknur Bahadır die Geschichten von Berliner_innen als Monologe auf die Bühne. Im DYKE DOGS SALON, kuratiert von dem Kollektiv Eva Tepest und Lynn Takeo Musiol, werden erneut regelmäßig queer-lesbische Perspektiven auf den Kulturbetrieb und gesellschaftliche Themen präsentiert. In der Show »Harry Hases Late Night« mit Ensemble und Gästen samt Schaubühnen-Band Les Beamte Uhse erlebt das Publikum eine Revue voller Überraschungen.

Auch die erfolgreichen Diskussions- und Veranstaltungsreihen werden in der nächsten Spielzeit im Studio und im Großen Haus fortgesetzt. Im Klassenzimmer von und mit der Journalistin Vanessa Vu geht es weiterhin um die Frage, wie soziale Herkunft in Deutschland Biografien prägt. Der Streitraum von und mit der Publizistin und Autorin Carolin Emcke steht in der kommenden Spielzeit unter dem Motto »Macht, Gewalt, Widerstand«. Beim Streit ums Politische geht Heinz Bude mit seinen Gästen in vier neuen Ausgaben der Problematik von »Polarisierungen« nach.

Neu im Ensemble:
Nächste Spielzeit wird Marcel Kohler (geboren 1991 in Mainz) Mitglied unseres Ensembles. Er ist Absolvent der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und spielte während des Studiums in »Die heilige Johanna der Schlachthöfe« an der Schaubühne. Von 2015 bis 2023 war er Ensemblemitglied am Deutschen Theater. Kohler ist Gründungsmitglied des Neuen Künstlertheaters und arbeitet regelmäßig als Regisseur und Bühnenbildner, u. a. mit Corinna Harfouch, mit Studierenden der Hochschule Ernst Busch und am Nationaltheater Weimar. 

Ein Blick auf die Zahlen:
Bis zum Ende der Spielzeit erwarten wir über 128.000 Besucher_innen, was einer Auslastung von rund 93% entspricht. Beim Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) im April 2023 konnten wir eine Rekordauslastung von 98,4% erzielen.

Spielzeitkampagne:
Die neue Spielzeitkampagne der Schaubühne hat die Künstlerin und Designerin Sarah Illenberger gestaltet. Inspiriert von Stückzitaten aus dem Repertoire entwarf sie Objekte, aus deren humorvollen Kombinationen sich neue Bedeutungen ergeben. Am 1. September um 17 Uhr eröffnen wir die Spielzeit mit einer einmaligen Bauzaun-Ausstellung aller Plakate auf dem Vorplatz der Schaubühne.

Gastspiele:
Vergangene Spielzeit war die Schaubühne in Belgrad, Cottbus, Darmstadt, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Hamburg, Leipzig, Madrid, Paris, Saargemünd, Stockholm, Thessaloniki und Weimar zu Gast. Die Inszenierung »Hamlet« war im Herbst zum Next Wave Festival nach New York eingeladen und wurde dort neun Mal gezeigt, mit »Richard III.« haben wir zehn Vorstellungen im Theater Les Gémeaux in Sceaux bei Paris gespielt. Die Produktion »Orlando« war im Frühjahr in Madrid und Lissabon zu sehen. Die kommenden Gastspiele in der nächsten Spielzeit führen nach Bukarest, Girona, Göteborg, Paris, Prag, Madrid, Nikosia, Taiwan und Thessaloniki.

Rückblick:
Das theaterpädagogische Projekt »stolpern« unter der Leitung von Matthias Heine und Mai-An Nguyen, das in Kooperation mit dem Piccolo Theater Cottbus stattfand, wurde im April als eine der bemerkenswertesten Inszenierungen zum diesjährigen Theatertreffen der Jugend eingeladen. Im Mai schloss das Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) mit überwältigendem Publikumszuspruch ab. Das Festival zeigte Produktionen aus acht Ländern, darunter Japan, Taiwan und Iran. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa verlängerte die Förderung des FIND Festivals um weitere vier Jahre.

Das Spielzeitheft mit einer Vorschau auf alle kommenden Produktionen und einem Gespräch zwischen Carolin Emcke und der französischen Politologin, Autorin und Aktivistin Emilia Roig, liegt ab jetzt im Haus aus und ist auch hier online zu lesen.

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