27.06.2025 > Vorschau auf die erste Spielzeithälfte 2025/26 an der Schaubühne
Vorschau auf die erste Spielzeithälfte 2025/26 an der Schaubühne
Thomas Ostermeiers neueste Inszenierung eröffnet nach ihrer Premiere beim Festival d‘Avignon die nächste Spielzeit. Bis Dezember zeigt die Schaubühne außerdem neue Arbeiten von Milo Rau, Yana Thönnes, Falk Richter und Yael Ronen. Spielzeitauftakt mit der Plakatkampagne von ZEBU am 4. September 2025. Schaubühne verzeichnet einen erfolgreichen Abschluss der Spielzeit 2024/2025 mit einer Auslastung von fast 99 Prozent bei rund 500 Veranstaltungen in Berlin und rund 60 Gastspielvorstellungen in Asien, Australien, Nordamerika und Europa. Kürzungen im Kulturetat belasten weiterhin die künstlerische Arbeit.
Auch die kommende Spielzeit findet unter dem Druck drastischer Kürzungen im Kulturbereich statt. Die Schaubühne muss im Jahr 2025 Einsparungen von 1 Million Euro umsetzen. Zudem wurde die ursprüngliche Zusage für einen vollständigen Ausgleich der Tariferhöhungen in Teilen zurückgenommen. Stark steigende Betriebskosten belasten das Haus zusätzlich. Als drastische Gegenmaßnahmen musste die Schaubühne zwei Produktionen streichen und das Studio vorübergehend schließen. Die Umgestaltung der Eintrittspreise von weiterhin günstigen bis deutlich höheren Preiskategorien tragen zur Konsolidierung bei. Für die kommenden Jahre ringt der Senat im Dialog mit den Kulturinstitutionen um Lösungen – Ausgang offen.
Eröffnet wird die Spielzeit 2025/26 mit einer neuen Inszenierung von Thomas Ostermeier, Regisseur und Künstlerischer Leiter der Schaubühne. In »Die Wildente« führt er seine Auseinandersetzung mit den Stücken Henrik Ibsens fort. Während »Ein Volksfeind« die Notwendigkeit thematisierte, die Wahrheit in einer von wirtschaftlichen Interessen getriebenen Gesellschaft zu verteidigen, erzählt »Die Wildente« das Gegenteil. Bedingungslose Wahrheit kann zerstörerisch sein und die Lüge das geringere Übel. Das Stück ist am 5. Juli Teil des Eröffnungsreigens auf dem Festival d‘Avignon. Premiere in Berlin ist am 12. September 2025.
Die nächste Premiere im September ist »Die Seherin« des Autors und Regisseurs Milo Rau. Darin spielt Ursina Lardi eine Kriegsfotografin. Gemeinsam mit dem irakischen Lehrer Azad Hassan geht sie der Zerbrechlichkeit unserer Gewissheiten auf den Grund und unter anderem der Frage nach, was mit uns geschieht, wenn wir das Leid anderer betrachten und daran verdienen. Die Uraufführung war am 5. Juni bei den Wiener Festwochen | Freie Republik Wien. Die Inszenierung gastierte bereits beim Sibiu International Theater Festival sowie zuvor bei der Theaterbiennale Venedig, wo Ursina Lardi der Silberne Löwe verliehen wurde. Premiere in Berlin ist am 19. September 2025.
»Paradiesische Zustände« von und mit Henri Maximilian Jakobs, szenisch eingerichtet von Thomas Ostermeier, zeigen wir im Herbst in unserer Spielstätte Ku’damm 156. Sein Roman erzählt humorvoll und einfühlsam die Geschichte einer Transition, des langen Wegs zur Selbsterkenntnis und des Hindernislaufs durch Behörden und Ämter. Premiere ist am 1. Oktober 2025.
In »Call me Paris«, ihrer zweiten Arbeit für die Schaubühne, verknüpft die Autorin und Regisseurin Yana Eva Thönnes die Geschichten des It-Girls Paris Hilton mit der eines jungen Mädchens namens Julia aus Bergisch-Gladbach und erkundet den Sexismus der
frühen Nuller-Jahre. Uraufgeführt wurde die Inszenierung am 1. Juni im Rahmen der Theaterbiennale von Venedig. Premiere in Berlin ist am 29. Oktober 2025.
Das neue Stück »Hannah Zabrisky tritt nicht auf« von Falk Richter beleuchtet die Gegenwart durch den Mikrokosmos Theater: eine Schauspielerin will nicht auftreten und sucht eine andere Konfrontation mit sich und der Welt. Zwischen Traum, Realität und Filmskripten ihrer Jugend rast sie durch ihre inneren Widerstände und löst bei ihrem Umfeld eine Verkettung von weiteren Krisen aus. Premiere ist am 22. November 2025.
Die Regisseurin und Autorin Yael Ronen betrachtet in »Sabotage«, wieso sich eine Menschheit, die es eigentlich besser wissen müsste, selbst weiterhin so schadet. Wird unser Hang zur Selbstsabotage mittels Kriegs, Umweltzerstörung und technischen Erfindungen letztlich zur Selbstauslöschung führen? Premiere ist am 4. Dezember 2025.
Auch in der kommenden Spielzeit gibt es wieder Raum für Diskurs und gemeinsames Nachdenken. Der Streitraum von und mit Carolin Emcke steht unter dem Motto »Libertär – autoritär – faschistisch – Angriffe auf die Demokratie«. Gemeinsam mit ihren Gästen aus Wissenschaft, Politik und Kunst blickt sie in die USA und fragt, wieviel von dem, was dort zu sehen ist, wir bereits auch in Deutschland erleben.
Beim Streit ums Politische geht Heinz Bude in vier neuen Ausgaben der Frage nach: »Was, wenn wir falsch lagen?«. Zu Gast sind der Politikwissenschaftler Ingolfur Blühdorn sowie die Soziolog_innen Elena Beregow, Sarah Speck und Sighard Neckel. Was, wenn die Vertreter_innen linken Denkens erkennen müssten, dass sie nicht nur in die Defensive geraten, sondern auch eine Minderheit ohne Macht und Einfluss geworden sind?
Neu im Ensemble
Ab kommender Spielzeit begrüßen wir Dimitrij Schaad im Ensemble der Schaubühne. Mit »The Silence« ist er seit Herbst 2023 erstmals in der Schaubühne zu sehen. Für seine Darstellung in dem Stück von Falk Richter wurde er als »Schauspieler des Jahres« 2024 (Theater heute) ausgezeichnet.
Mit »Call me Paris« kehrt Alina Stiegler zurück an die Schaubühne. Sie war bereits von 2015 bis 2020 Ensemblemitglied. 2023 erhielt sie den Max Ophüls-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin.
Ein Blick auf die Zahlen
Bis zum Ende der Spielzeit erwarten wir in der Schaubühne und bei Gastspielen in aller Welt rund 180.000 Zuschauende, davon knapp 150.000 Besucher_innen in Berlin. Das entspricht einer Auslastung von rund 98,6 Prozent. Beim Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) im April 2025 konnte eine neue Rekordauslastung von 99,4 Prozent bei über 7.000 Besucher_innen erzielt werden. Es haben insgesamt 556 Veranstaltungen stattgefunden, davon 498 in Berlin.
Gastspiele
Vergangene Spielzeit zeigte die Schaubühne 58 Gastspielvorstellungen vor ausverkauften Häusern an 18 verschiedenen Orten weltweit: u.a. in Almada, Bukarest, Göteborg, Hamburg, Istanbul, Kielce, Montréal, Neapel, Prag, Québec, Shanghai, Sibiu, Taichung, Venedig, Warschau, Wien und Wiesbaden. »Ein Volksfeind« war in Taiwan zu sehen, Hamlet« in Shanghai und Neapel, »Richard III« in Istanbul, »Im Herzen der Gewalt« in Montréal und Québec. »The Silence« von Falk Richter war zu den Maifestspielen nach Wiesbaden eingeladen. Die Gastspiele in der kommenden Spielzeit führen unter anderem nach Rom, Madrid, Florenz, Girona, Liège, Genf, Shanghai, Adelaide und Wellington.
Spielzeitkampagne und -eröffnung
Die neue Spielzeitkampagne 2025/26 der Schaubühne wurde von dem Berliner Duo ZEBU gestaltet. Dafür haben die Illustrator_innen Lynn Lehmann und Dennis Gärtner einen Blick hinter die Kulissen des Theaters geworfen und verschiedene Arbeitsbereiche erkundet. Die farbenfrohe Spielzeitkampagne verstehen sie als Hommage an die nach außen oft unsichtbaren, aber in ihrer Arbeit essenziellen Menschen hinter der Bühne.
Am Donnerstag, 4. September um 18 Uhr, beginnen wir die Spielzeit mit einer Bauzaun-Ausstellung aller Plakate der neuen Spielzeitkampagne vor der Schaubühne. Um 19.30 Uhr ist Thomas Ostermeiers Inszenierung von »Richard III« zu sehen.
Rückblick
Thomas Ostermeier inszenierte im März eine englische Version von »Die Möwe«, die mit Cate Blanchett in der Hauptrolle erfolgreich am Londoner Barbican Center gezeigt wurde. Im April schloss das Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) mit überwältigendem Publikumszuspruch und einer Auslastung von 99,4 Prozent ab. Artist in Focus war die französisch-vietnamesische Autorin und Regisseurin Caroline Guiela Nguyen. Gezeigt wurden elf Produktionen unter anderem aus Frankreich, Belgien, Kirgisistan und den USA. Die Förderung des Festivals ist bis 2027 gesichert. Im Juni war die Schaubühne mit »Call me Paris«, »Die Seherin« und »changes« auf der Theaterbiennale von Venedig und den Wiener Festwochen vertreten. In Venedig erhielt Ensemblemitglied Ursina Lardi den Silbernen Löwen.