Foto: Arno Declair, 2012 
Foto: Arno Declair, 2012 
Foto: Arno Declair, 2012 
 
 
Foto: Arno Declair, 2012 
Foto: Arno Declair, 2012 
Foto: Arno Declair, 2010 
 
Foto: Arno Declair, 2012 
 
 

Dämonen

von Lars Norén
Regie: Thomas Ostermeier
Aus dem Schwedischen von Angelika Gundlach

Frank kommt nach Hause. Er stolpert über die Schuhe seiner Frau, wundert und ärgert sich über die allgemeine Unordnung in der Wohnung und die Zigarettenasche an den ungewöhnlichsten Orten. Das normale Chaos einer normalen Beziehung. Er sucht einen Platz für seine Plastiktüte. In der trägt er jedoch keine Einkäufe nach Hause, sondern die Asche seiner toten Mutter. Frank und Katarina sind kinderlos, Ende dreißig und seit neun Jahren ein Paar. Sie bewohnen eine schicke aber unordentliche Wohnung und sie erwarten Franks Bruder zur Beerdigung. Der verschiebt seine Ankunft und nun steht ein freier Abend drohend bevor. Jenna und Tomas wohnen in der Wohnung unter ihnen, im gleichen Alter, aber mit zwei Kindern gesegnet und einer nicht abreißenden Kette von kleinen Unglücksfällen einer normalen Kleinfamilie. Der fehlende Reis, den Jenna ausborgen will, wird zum Ausgangspunkt einer Einladung. Die jungen Eltern kommen freudig und von ihren Kindern erschöpft in die Beziehungshölle von Frank und Katarina. Der Abend beginnt als freundliches »Paare besuchen Paare« und gleitet in eine Nacht der ungeplanten Entgleisungen. Die vier verstricken sich in einer Kette von Demütigungen, sexuellen Provokationen, ungewollten Beichten und exhibitionistischen Übergriffen. Die aggressive Einsamkeit der Kinderlosen lässt die vermeintliche Idylle der anderen zerbrechen. Die sexuelle Gier nach dem anderen, die in hundertfachen Begegnungen im Treppenhaus zur ständigen Phantasie geworden ist, findet keinen erlösenden Ausdruck. Sie versandet in peinlich verwackelten Versuchen eines wilden und ungehemmten Lebens. Die Angst vor der Einsamkeit, der Überdruss an der Langeweile der Gemeinsamkeit und die gescheiterte Hoffnung auf eine belebende Abwechslung bilden ein Gefängnis, in dem die Dämonen des Lebens sich in den Alltag der kleinen Gemeinheit, der linkischen Bosheit, der angedrohten Trennung und der impotenten Sexualität verkriechen.

Nach »Personenkreis 3.1«, den Thomas Ostermeier 2000 zum Beginn seiner künstlerischen Leitung der Schaubühne inszeniert hat, setzt er mit »Dämonen« seine Beschäftigung mit Lars Norén fort.

In Gedenken an den schwedischen Dramatiker, Lyriker und Theaterregisseur Lars Norén, der am 26. Januar verstorben ist zeigen wir diese Aufzeichnung. Die Schaubühne fühlt sich seit Jahren aufs Engste mit ihm verbunden: Im Jahr 2000 startete die neue Leitung des Hauses ihr Sprechtheaterprogramm mit der deutschsprachigen Erstaufführung von Noréns »Personenkreis 3.1« in der Regie von Thomas Ostermeier. Auch die Uraufführung von »Distanz« in der Regie von Enrico Stolzenburg 2005 fand an der Schaubühne statt. Seit 2010 ist Thomas Ostermeiers Inszenierung von Noréns »Dämonen« fester Bestandteil des Spielplans und reiste seither als Gastspiel unter anderem nach Paris, Stockholm und Madrid. Nun erlag der 76-Jährige Norén einer COVID-19-Erkrankung. Wir werden ihn sehr vermissen.

Von: Lars Norén
Regie: Thomas Ostermeier
Bühne und Kostüme: Nina Wetzel
Musik: Nils Ostendorf
Video: Sébastien Dupouey
Dramaturgie: Bernd Stegemann
Licht: Erich Schneider
Katarina: Cathlen Gawlich
Frank: Lars Eidinger
Jenna: Eva Meckbach
Tomas: Tilman Strauß
Dauer: ca. 135 Minuten(keine Pause)

Premiere war am 2. März 2010

Gastspiele

Madrid (Oktober/November 2010)
Paris (Dezember 2010)
Lyon (April 2011)
Lausanne (Januar 2012)
Stockholm (Mai 2012)
Genf (September 2015)