Zwei Häuser in einem japanischen Küstendorf, Wand an Wand. Spiegelverkehrt sind darin Küchenzeile, Tatami-Matten und Tische angeordnet. Identische Türen führen hinten nach draußen, zur Terrasse hin sind die Häuser offen und eröffnen den Blick auf den Alltag, der sich in den Häusern abspielt. Während sich auf der einen Seite eine Gruppe von Fischern täglich nach getaner Arbeit zum Kochen, gemeinsamen Essen und fröhlichen Anstoßen treffen, zieht auf der anderen Seite die an Alzheimer leidende alte Dame ein, unterstützt von ihrem Sohn, der als Beamter in der nächstgelegenen Stadt arbeitet. Unwillig unterstützt von seiner 18-jährigen Tochter versucht er, der Mutter letzte Wochen am Meer zu verschaffen. Zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Links wird freudig gefeiert, rechts häufen sich die Zeichen für den körperlichen und geistigen Verfall der alten Dame, die Verzweiflung von Vater und Enkeltochter wächst. In einem kurzen Moment der Begegnung zwischen beiden Räumen schlägt ein Funken Freude über vom einen in den anderen, der aber schnell verfliegt. Kuro Taninos Inszenierung lebt nicht von dramatischen Umwälzungen, vielmehr folgen kleine Dramen des Alltags aufeinander. Der als Psychiater geschulte Regisseur lässt uns an seinem Experiment teilhaben und entdeckt dabei wie nebenbei die Umstände, die das Leben auch bestimmen: Einfache Fischer stehen dem disziplinierten Beamtentum aus der Stadt gegenüber, der traditionelle Wert der Familie trifft auf die individuellen Wünsche einer neuen Generation. Ob die Tragik des Alterns und die Hindernisse familiären Zusammenhalts oder die Aufs und Abs von Freundschaft und Gemeinschaft – Kuro Tanino setzt in seinem hyperrealistischen, detaillierten Bühnenbild die komplizierten und teils kaum sichtbaren Mechanismen des menschlichen Zusammenlebens in Szene. Der poetische Abend zeigt, dass auch tiefe Veränderungen oft unmerklich vonstattengehen.
Kuro Tanino, 1976 in Toyama in eine Familie von Psychiatern geboren, gründete noch während seiner medizinischen Ausbildung im Jahr 2000 seine Kompanie Niwa Gekidan Penino (Theatre of the Garden Penino). Er entwickelt und schreibt seine Stücke selbst, so zuletzt »Chekov?!« (2011), »The Room, Nobody knows« (2012), »Box in the Big Trunk« (2013), »Tanino to Dwarf-tachi ni yoru Kantor ni Sasageru Homage« (2015), »The Dark Master« (2003, 2006, 2016). Tanino’s Stück »Avidya – The Dark Inn« (2015) gewann den 60. Kunio Kishida Drama Award. Außerdem erhielt er 2016 den Cultural Affairs Agency Arts Festival Excellence Award und 2019 den Toyama Prize in Arts and Culture.
Mit: Hatsune Sakai, Kazuya Inoue, Koichiro F. O. Pereira, Masato Nomura, Masayuki Mantani, Natsue Hyakumoto, Susumu Ogata Inspizienz: Masaya Natsume, Yuhi Kobayashi
Regieassistenz: Haruka Kikuchi, Kodachi Kitagata
Ausstattung: Takuya Kamiike
Licht: Masayuki Abe
Ton: Koji Shiina
Tour Manager: Chika Onozuka, Shimizu Tsubasa
Produktion: Niwa Gekidan Penino, Arche LLC.
Übersetzung: The Japan Foundation
Deutsche Übersetzung: Andreas Regelsberger
Englische Übersetzung: Susan E. Jones
Koproduktion: Arts Council Tokyo, ONDA (Paris), Fondation pour l’étude de la langue et de la civilisation japonaises (Paris), Sasakawa Foundation Japan (Tokyo)