










18.01.2019, 17.00 – 19.15
With English surtitlesHedda Gabler
von Henrik Ibsen
Regie: Thomas Ostermeier
Deutsch von Hinrich Schmidt-Henkel
Die Generalstochter Hedda Gabler hat geheiratet. Ihrem Ehemann, dem aufstrebenden Historiker Jörgen Tesman, winkt eine Professur; er hat sich daraufhin Geld geliehen und eine Villa gekauft, um seiner anspruchsvollen Frau etwas bieten zu können. Seinen Nebenbuhler, den attraktiveren und begabteren Løvborg, hat Hedda abblitzen lassen. Løvborg, der gerne in berüchtigten Clubs seinen glänzenden Intellekt mit Drogen betäubte, war finanziell und gesellschaftlich keine aussichtsreiche Perspektive für sie gewesen. Jetzt kehrt Hedda ernüchtert aus den Flitterwochen zurück und muss erfahren, dass Løvborg mittlerweile sein Lotterleben an den Nagel gehängt hat. Er hat ihre Abwesenheit genutzt, um ein aufsehenerregendes kulturgeschichtliches Buch zu schreiben. Dessen überwältigendes Echo lässt Tesmans Berufung zum Professor plötzlich mehr als fraglich erscheinen. Hedda zerrinnt ihr Lebensplan zwischen den Fingern. Gegen ihre Neigung hatte sie sich für ein Leben nach bürgerlichen Prinzipien entschieden. Als diese Prinzipien nun nicht halten, was sie versprachen, nämlich ökonomische Sorglosigkeit, beginnt sie, sich und ihre Umwelt zu hassen und läuft emotional Amok: Sie verhöhnt hemmungslos ihren Ehemann, hintergeht ihn mit dem Hausfreund Brack, hintertreibt aus Eifersucht die Verbindung zwischen Løvborg und dem Fräulein Elvsted; sie vernichtet Løvborgs zukunftsweisendes Werk, treibt ihn zuerst zurück in die Sucht und schließlich in einen Selbstmord »in Schönheit«. Mit erbarmungslos wütender Hellsicht attackiert sie die erdrückende Gutartigkeit, hinter der ihre Mitmenschen Mittelmaß und Feigheit vor dem Leben verbergen. Manipulation und Lüge sind die Mittel, mit denen sie virtuos innerhalb nur eines Tages und einer Nacht diese von Aufstiegsdenken und Abstiegsangst dominierte Welt zum Einsturz bringt. Zuletzt wird sie selbst als Teil des Systems zur Zielscheibe ihrer Zerstörungswut: Sie kann ihr selbstgebautes Gefängnis nicht sprengen, ohne sich selbst zu zerstören. In seinem 1891 am Hoftheater in München uraufgeführten Stück zeigt Ibsen einen Angriff auf das Bürgertum von innen. Als die weitgehend homogene Klasse von einst, mit ihrem all ihre Angehörigen verbindenden Wertekanon, existiert das Bürgertum heute längst nicht mehr. Paradoxerweise aber finden sich die bürgerlichen Sehnsüchte und Ängste, die seit dem 19. Jahrhundert Biographien kontrolliert, reguliert und deformiert haben, heute in fast unveränderter Weise wieder – nun aber gleichermaßen in allen Schichten der Gesellschaft. Die Angst vor dem sozialen Abstieg ist unser kollektives Leitmotiv geworden. Wir sind wieder reif für die Herausforderung und Zumutung einer Hedda Gabler.
Autor: Henrik Ibsen
Regie: Thomas Ostermeier
Bühne: Jan Pappelbaum
Kostüme: Nina Wetzel
Musik: Malte Beckenbach
Dramaturgie: Marius von Mayenburg
Video: Sébastien Dupouey
Licht: Erich Schneider
Jørgen Tesman, Privatdozent der Kulturgeschichte: Lars Eidinger
Frau Hedda Tesman, seine Frau: Katharina Schüttler
Fräulein Juliane Tesman, seine Tante: Lore Stefanek
Frau Elvstedt: Annedore Bauer
Richter Brack: Jörg Hartmann
Eilert Løvborg: Kay Bartholomäus Schulze
Dauer: ca. 135 Minuten
(keine Pause)
Premiere war am 26. Oktober 2005
Gastspiele
Paris (January/February 2006 and November 2012)
Caracas (April 2006)
Wiesbaden (May 2006)
München (June 2006)
Oslo (September 2006)
Kopenhagen (October 2006)
New York (December 2006)
Bozen (March 2007)
Lyon (March 2007)
Barcelona (May 2007)
Duisburg (May 2007)
Tel Aviv (June 2007)
Marseille (September 2007)
Bordeaux (March 2008)
London (March 2008)
Rennes (April 2008)
Amiens (July 2009)
Ottawa (November 2009)
Melbourne (October 2011)
Brest (November 2011)
Rouen (November 2011)
Paris (November 2012)
Rom (Oktober 2013)
Shanghai (August 2018)
Hamburg (Oktober 2018)