Klassenzimmer
Vanessa Vu im Gespräch mit Sinthujan Varatharajah
In der ersten Ausgabe am unterhält Vanessa Vu sich mit Sinthujan Varatharajah: Beide wuchsen in Asylbewerberheimen auf dem bayerischen Land auf, ihre Eltern, Verwandten und Freunde jobbten bei McDonalds. Die Fast-Food-Kette war das »Fine Dining« der Armen, ihre erste Anlaufstelle, Community-Ort, Karriere-Sprungbrett, eine Quelle von Stolz. Die Reichen hingegen verachten den Ort, denn er wertet ihre bürgerlichen Bezirke ab, ein Rassist ermordete 2016 in einer Münchner Filiale neun Menschen. Und jetzt? Aus Rot wurde Grün und es gibt »Signature-Burger« für mehr als zehn Euro. Ein Gespräch über Ankunft, Aufstieg und Klassenkämpfe unter dem goldenen M. eines sozialen Aufstiegs.
Die Frage nach der Herkunft beantworten die meisten geografisch – aber ist es wirklich der Ort, der uns prägt? Die wenigsten erzählen auf die Frage »Woher kommst du« von ihrer kleinen Wohnung, von den arbeitslosen Eltern, von Kleidern oder Worten, an denen jeder sofort ablesen konnte, aus welchen Verhältnissen man kam. Warum tun wir uns so schwer, Kapitalverhältnisse zu benennen und auch mit dieser Linse unser Miteinander neu zu bewerten, vielleicht zu justieren? Ist es die Sehnsucht einer liberalen, leistungsgetrieben Nachkriegsgeneration, das Leben ab der eigenen Geburt zu betrachten, ohne das Gepäck der Familie, das Startvorteil oder ein lebenslanger Bremsklotz sein kann? In der neuen monatlichen Gesprächsreihe gehen wir in vier Ausgaben diesen Fragen nach: Wir nähern uns über Lebensgeschichten den verschiedenen Milieus dieses Landes, erkunden ihre unbesprochenen Winkel, stellen sie gegenüber und erkennen uns dadurch vielleicht auch selbst ein bisschen besser. Zum Austausch lädt die Journalistin Vanessa Vu in ihr damaliges Kinderzimmer: Stockbett, Matratze, Röhrenfernseher, viel Plastik – nach einer langen Zeit im Asylbewerberheim war dies der Beginn eines sozialen Aufstiegs.
Seit der Spielzeit 2023/24 gefördert von Fondament
In den Spielzeiten 21/22 und 22/23 von der Friedrich-Ebert-Stiftung und von Januar 2022 bis Juni 2023 von der EVZ gefördert.