Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © KnAM Theater 
Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © KnAM Theater 
Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © KnAM Theater 
Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © Julie Cherki 
Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © Julie Cherki 
Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © Julie Cherki 
Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © Julie Cherki 
Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © Julie Cherki 
Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica), Foto: © Julie Cherki 
 

Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica)

von Tatiana Frolova/KnAM Theater
Regie: Tatiana Frolova

Studio

Gastspiel FIND 2024
Komsomolsk am Amur/Lyon

25.04.2024, 17.30–19.10
Auf Russisch mit deutschen und englischen Übertiteln

Komsomolsk am Amur, von der Taiga umgeben, im »Förderationskreis Fernost«: dem russischen Teil Ostasiens nahe dem japanischen Archipel. Hier dauern die Winter bis zu sechs Monate und die Temperaturen fallen auf bis zu minus 40 Grad Celsius ab. In diese von der Welt vergessene »kleine Antarktis« kehren Tatiana Frolova und ihr Kollektiv KnAM Theater auf der Bühne zurück, nachdem sie im realen Leben nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, als Regimekritiker und Kriegsgegner bedroht, ins Exil nach Frankreich fliehen mussten.

Die offizielle Geschichtsschreibung behauptet, dass Komsomolsk in den 1930er-Jahren von einer Gruppe Freiwilliger der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol errichtet worden ist. Die Gründung einer Metropole in der unzugänglichsten Region des Sowjetreichs als Sieg des Sozialismus und der Zivilisation über die Naturgewalten. Die Wahrheit ist eine andere. Tatsächlich entstand die Stadt als Teil des Straflagernetzes Gulag. Die heutigen Bewohner_innen kennen daher vor allem zwei Arten von Vorfahren: Gefangene und Wächter des Lagers. Opfer und Täter des Stalinismus. Doch bis heute schweigen sie darüber.

Zum einen aus Gesprächen mit Menschen aus Komsomolsk gespeist, die ihre eigene Geschichte befragen, andererseits von Andersens »Die Schneekönigin« inspiriert, begibt sich die Inszenierung mitten hinein ins titelgebende ewige Eis, das ebenso konkrete Lebensrealität wie Metapher ist: Es »lässt Herzen gefrieren«, produziert soziale Kälte und konserviert alte Ressentiments. Ursprünglich vor Pandemie und Krieg in ihrem Studiotheater in Komsomolsk entwickelt – und in dieser Form für das pandemiebedingt ausgefallene FIND 2020 vorgesehen – hat die Gruppe ihr Stück in die Gegenwart fortgeschrieben. Die Ursprünge der Heimat im stalinistischen Terror und die bis heute ungebrochene Reproduktion dieser gewissermaßen in der DNA des Ortes verwurzelten Gewalt erhält vor dem Hintergrund von Putins Angriffskrieg eine beängstigend neue Dimension - paradoxerweise gerade aus der Peripherie eines abertausende Kilometer von seinem Schauplatz entfernten Ortes.

Das KnAM Theater wurde, als erste russische Independent-Theatergruppe jenseits jeglicher Institutionen, während der Perestroika 1985 von Tatiana Frolova in Komsomolsk am Amur gegründet. Ihren Anfang machte sie mit Aufführungen klassischer Theatertexte bevor sie sich dem Dokumentartheater zuwandte. In ihren Arbeiten, die stets im Kollektiv entstehen, verwebt sie Video, Film, Fotografie, Sound und Schauspiel und verbindet individuelle mit kollektiver Geschichte.

MIT: Dmitrii Bocharov, Tatiana Frolova, Vladimir Dmitriev, German Iakovenko, Ludmila Smirnova, Irina Chernousova
DOKUMENTARISCHES MATERIAL IN TEXT UND BILD, INTERVIEWS, ZEUG_INNENAUSSAGEN, AUTOBIOGRAPHIEN, DIE VON DEN KÜNSTLER_INNEN DES KnAM THEATER GESAMMELT WURDEN
ÜBERSETZUNG UND ÜBERTITELUNG: Bleuenn Isambard
TON: Vladimir Smirnov
VIDEO: Tatiana Frolova, Dmitrii Bocharov, Vladimir Smirnov
TECHNISCHE LEITUNG: Sylvain Ricci

Dauer: ca. 100 Minuten

FIND wird gefördert aus Mitteln des Landes Berlin, Senatsverwaltung für Kultur und Europa
Empfang mit freundlicher Unterstützung von Institut français Deutschland

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