Das Philoktet-Syndrom

von Milo Rau
Regie: Milo Rau
Uraufführung


Milo Rau wurde zum Intendanten der Wiener Festwochen berufen. Um seinen Vorbereitungspflichten für seine Intendanz nachzukommen, muss die Produktion »Das Philoktet-Syndrom« aus zeitlichen Gründen leider entfallen. Wir bedauern dies, freuen uns aber sehr über seine Berufung und gratulieren herzlich!

Kriegsfotograf_innen dokumentieren in ihrer Karriere verschiedene Krisengebiete dieser Welt. Sie sind tragische Figuren, Bot_innen, die ständig mit Fragen von Schuld und Tatenlosigkeit konfrontiert werden. Eine solche Fotografin, die von Srebrenica bis Mostar, in den Kriegen im Irak und in Afghanistan ikonische Aufnahmen gemacht hat, steht im Zentrum des Theaterabends. Sie ist eine Angehörige der globalen Klasse – und eine »Kapitalistin des Leidens«. Die Darstellung von Gewalt, an der sie mitwirkt, stürzt sie schließlich in eine Krise. Sie leidet an dem, was wir das »Philoktet-Syndrom« nennen wollen: eine posttraumatische Störung, die Unfähigkeit, mit der Erfahrung der Gewalt fertigzuwerden. Die ehemalige Super-Ikone der Kriegsfotografie lebt zurückgezogen wie der gestürzte, verwundete, schlaflose griechische Held Philoktet:

»Warum braucht es noch eine Fotografin, wenn jeder Idiot in einer Sekunde zehn Bildchen auf seinem Smartphone machen kann? Was geschieht mit uns, der Welt, der Kunst, wenn wir das Leid der Anderen betrachten und daran verdienen? Was heißt Zeugenschaft?«

»Das Philoktet-Syndrom«, in dem Ursina Lardi als traumatisierte Kriegsfotografin die Bühne betritt, blickt in Abgründe und betrachtet die Einsamkeit, den Zynismus und die Weisheit eines Menschen, der alles gesehen hat. Ähnlich zu Philoktet, den seine Gefährt_innen einsam auf einer Insel zurückgelassen haben, steigert sich die Wut über die eigene Vereinsamung in Ekel. So führt das »Philoktet-Syndrom« zu einer scharfen Ablehnung der emotionalen und realen Ökonomie der Darstellung von Gewalt. Die Ausgestoßenen durchschauen das zynische Spiel, das sie zuvor so lange selbst mitgespielt haben, als das, was es ist.

Doch ein neuer Krieg zieht auf: »Ereignisse aus der Vorgeschichte der Menschheit, die in großen Teilen der Welt aber noch geschieht.« (Heiner Müller über seinen »Philoktet«), zwingen die Fotografin zurück ins Kriegsgeschehen. Kann eine Fotografin einen Krieg, wie Philoktet durch seinen unfehlbaren Bogen den trojanischen, beeinflussen? Gibt es das finale Kriegsbild, das den Krieg beendet?

Regie: Milo Rau
Autor: Milo Rau
Bühne und Kostüme: Anton Lukas
Video: Moritz von Dungern
Dramaturgie und Recherche: Carmen Hornbostel / Martín Valdés-Stauber
Licht: Erich Schneider

Mit: Ursina Lardi

Diese Produktion muss leider entfallen