Streit ums Politische: »Spiritualität und Pop-Musik«
Vortrag und Gespräch mit Diedrich Diederichsen (Kulturwissenschaftler) und Heinz Bude
Als ein auf Spiritualität, religiöse Überzeugungen und dergleichen nahezu allergisch und ›unmusikalisch‹ reagierender Mensch bin ich immer wieder erstaunt, wie sich meine Haltung verändert, wenn es um Musik geht. Was ich einem Bildenden Künstler, einer Schriftstellerin nie verzeihen würde, bin ich jederzeit bereit, Musikern nicht nur zuzubilligen: Insgeheim hege ich die Überzeugung, dass ein Musiker, der nicht einen massiven religiösen Wahnsinn aufweist, musikalisch ein bisschen langweilig sein muss. Wie sind die Werke von Sun Ra, Stockhausen, Albert Ayler, Lee Perry und Brian Wilson ohne bizarre und heftig geglaubte religiöse und spirituelle Sonderreligionen vorstellbar? Der Grund scheint in der Musik selbst zu liegen. Ein besonderer Fall ist aber die Pop-Musik: Meiner These zufolge geht es bei Pop-Musik weniger um Musik, als um ein von Gesellschaft und Individualität organisiertes, multimediales kulturindustrielles System, das nur punktuell an Musik angeschlossen ist. Dienen in der Pop-Musik die Religiosität und die Spiritualität dazu, das Ganze des Pop-Musik-Komplexes zusammenzuhalten (diverse Rezeptionsformate in unterschiedlichen Öffentlichkeiten, Subkulturen etc.) oder sind sie die eingeschlossene Grenze, das legitimierende Limit der Pop-Musik-Veranstaltung?
Heinz Bude diskutiert mit seinen Gästen in »Streit ums Politische« die Frage, worin die Macht des Spirituellen heute besteht. Was verdeckt und was zeigt sie?