Streitraum: »Der demokratische Despotismus«
Der Philosoph Alain Badiou im Gespräch mit Thomas Ostermeier und Carolin Emcke
Gespräch in französischer und deutscher Sprache mit Simultanübersetzung
Die Demokratie in der heutigen Zeit sei nicht mehr als ein bloßes Emblem, ein leerer Begriff, wenn er nur für andere Demokraten gilt. Ist die Demokratie bedeutungslos, wenn sie nicht auch für diejenigen gilt, die aus »Zonen der Hungersnot und des Tötens« kommen? Für die Außenstehenden, die, die Einlass begehren, bedeute Demokratie zunächst »Dokumente, Grenzen, Lager, Polizeiüberwachung« (Alain Badiou).
In seinen Texten befragt Badiou die Demokratie kritisch auf ihre Legitimität und Autorität. Thomas Ostermeier hat sich mit dieser Frage besonders in seiner letzten Ibsen-Inszenierung »Ein Volksfeind« beschäftigt. Dort zeigt er eine durch manipulierte Medien und ökonomische Interessen bedrohte Demokratie. Die Wahrheit über das verseuchte Trinkwasser der kleinen Gemeinde, in der das Stück spielt, hat keine Chance, gehört zu werden, weil sie die ökonomischen Interessen der Mehrheit bedroht.
Alain Badiou lehrt an der École Normale Supérieure in Paris und ist Inhaber des René Descartes Lehrstuhls an der European Graduate School in der Schweiz. Neben seinem philosophischen Hauptwerk in zwei Teilen, »Das Sein und das Ereignis« (1988), verfasste Alain Badiou zahlreiche Texte zu Politik, u. a. »Ist Politik denkbar?« (1985), »Über Metapolitik« (1998), »Wofür steht der Name Sarkozy?« (2007), zu Ästhetik und insbesondere dem Theater: »Kleines Handbuch der Inästhetik« (2008), »Éloge du théâtre« (mit Nicolas Truong, 2013). 2014 erschien sein neuestes Werk, »Pornographie der Gegenwart« auf Deutsch.