Im Dezember 2018 kommt der Genfer Theatermacher Cédric Djedje mit einem Künstlerstipendium in den Berliner Wedding, um ein neues Projekt zu entwickeln. Den Inhalt findet er quasi vor seiner Haustür: Im Afrikanischen Viertel, einem Stadtteil, der heute tatsächlich von vielen Afrikaner_innen bewohnt wird. Den Namen aber erhielt er, um den deutschen Kolonialismus und seinen territorialen Herrschaftsanspruch in Afrika zu glorifizieren. Mehr noch: Mehrere Straßennamen sind noch immer den Urhebern der deutschen Kolonialverbrechen in Südwestafrika gewidmet, darunter Carl Peters, einst als »Hänge-Peters « selbst unter deutschen Kolonialbeamten gefürchtet. Cédric Djedje geht auf Spurensuche im Afrikanischen Viertel. Dabei stößt er einerseits auf Aktivist_innen eines postkolonialen Widerstands, die seit über vierzig Jahren versuchen, eine Umbenennung der Straßennamen zu erreichen. Andererseits begegnet er einem nur mühsam kaschierten Alltagsrassismus, dem Djedje, selbst Afro-Europäer, in seiner Arbeit wie in seinem privaten Berliner Leben immer wieder ausgesetzt ist. Zwischen politischem Dokumentartheater und humorvoller Autofiktion schafft Cédric Djedje im Duo mit seiner Mitspielerin Safi Martin Yé eine urbane Chronik in szenischer Form: einen Streifzug zwischen Expedition und Geisterbahnfahrt, der Berlin aus der Außenperspektive einen Spiegel vorhält. Nur wenige Wochen nach der Uraufführung des Stücks in Genf im November 2022 wurden in Berlin im Afrikanischen Viertel die ersten zwei Straßen umbenannt – unter großer Aufmerksamkeit der internationalen Presse, aber in der deutschen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Eine auf Adolf Hitlers persönliche Initiative nach dem Kolonialverbrecher Carl Peters benannte Allee dagegen behält ihren Namen, mit dem offiziellen Argument, dass sie schon in den 1980er-Jahren von Petersallee in Petersallee »umgewidmet « wurde (und nun einen Berliner Stadtverordneten namens Peters ehren soll). Auch außerhalb des Wedding und Berlins finden sich ähnliche Relikte des Kolonialismus. Gibt es eine Chance, das in näherer Zukunft zu verändern? Die unentschiedene Antwort deutet bereits der Stücktitel an: Vielleicht.
Mit: Cédric Djedje, Safi Martin Ye und einem_r Aktivist_in aus Berlin
Konzept: Cedric Djedje
Dramaturgie: Noémi Michel
Beratung Regie: Diane Muller, Ludovic Chazaud
Text: Ludovic Chazaud, Noémi Michel
Bühne: Nathalie Anguezomo Mba Bikoro
Beratung Ausstattung: Marco Ievoli
Bauten: Atelier de construction du Théâtre Vidy-Lausanne
Choreografie: Ivan Larson
Musik und Sound Design: Ka(ra)mi
Kostüme / Khanga’s Konfektion: Tara Mabiala
Konfektionen: Eva Michel
Grafik: Claudia Ndebele
Licht: Léo Garcia
Künstlerische Zusammenarbeit / Technische Leitung: Joana Oliveira
Video: Valeria Stucki
Maske: Chaïm Vischel
Produktionsleitung: Lionel Perrinjaquet, Pauline Coppée (Tutu Production)
Transkription der Interviews: Eva Michel, Bel Kerkhoff-Parnell, Orfeo, Janyce Djedje
Leitung Video und Sound: Sebastien Baudet
Leitung Licht: Leo Garcia
Inspizienz: Joana Oliveira
Produktion: Absent.e pour le moment, Le Grütli – Centre de production et de diffusion des Arts Vivants, Théâtre de Vidy-Lausanne