親愛的人生 (Dear Life), Foto: © Gianmarco Bresadola, 2023 
La Enciclopedia del Dolor. Tomo I: Esto que no salga de aqui (Die Enzyklopadie des Schmerzes. Band 1: Das darf den Raum nicht verlassen) , Foto: © Gianmarco Bresadola, 2023 
Vielleicht, Foto: © Gianmarco Bresadola, 2023 
است (ist), Foto: © Gianmarco Bresadola, 2023 
Burnt Toast, Foto: © Gianmarco Bresadola, 2023 
親愛的人生 (Dear Life), Foto: © Gianmarco Bresadola, 2023 
A PINK CHAIR (In Place of a Fake Antique), Foto: © Gianmarco Bresadola, 2023 
 

Festival Internationale Neue Dramatik 2023
19. bis 30. April 2023

Wir begrüßen Sie herzlich zum Festival Internationale Neue Dramatik 2023. Vom 19. bis zum 30. April stellt das FIND Inszenierungen aus acht Ländern und drei Kontinenten vor, die zum ersten Mal in Deutschland zu sehen sind.


ARTIST IN FOCUS

Künstlerin im Fokus ist in diesem Jahr die Regisseurin Elizabeth LeCompte mit ihrem Kollektiv The Wooster Group (New York). In einer Garage in Manhattan gegründet, definierte die Gruppe vor einem halben Jahrhundert eine völlig neue Theatersprache. Unter der Regie von LeCompte entwickelt The Wooster Group ihre Stücke kollektiv mit ihren zentralen Darsteller_innen, darunter Kate Valk oder der verstorbene Mitbegründer Spalding Gray, sowie mit ihnen verbundenen Künstler_innen, zu denen Größen wie Willem Dafoe, Frances McDormand und John Lurie gehörten. Heute gelten sie als Vorreiter_innen des postdramatischen Theaters.

Wir zeigen zwei der jüngsten Arbeiten: »A PINK CHAIR (In Place of a Fake Antique)« unternimmt eine szenische Rekonstruktion des vorletzten Stücks von Tadeusz Kantor, das der polnische Theatermacher 1988 kurz vor seinem Tod inszenierte. Mithilfe von Kantors Tochter Dorota Krakowska sowie einer Filmaufzeichnung der Proben unternimmt die Gruppe eine Expedition in die Vergangenheit zurück zur europäischen Theateravantgarde, in der sich die Zeitebenen verschieben. »NAYATT SCHOOL REDUX« ist eine Reise in die Geschichte von The Wooster Group selbst: der Versuch eines Reenactments der nur durch fragmentarische Archivmaterialien überlieferten Inszenierung »NAYATT SCHOOL« von und mit Spalding Gray. Der Autor und Schauspieler experimentierte darin ausgehend von T. S. Eliots »The Cocktail Party« mit der Monologform. Während der Versuch einer getreuen Wiederbelebung in seiner Unmöglichkeit begreifbar wird, gerät er zu einer psychedelischen Zeitreise in den irrsinnigen Alltag des New Yorker Experimentaltheaters der 1970er-Jahre. Im Begleitprogramm zeigen wir u. a. experimentelle Filmarbeiten von The Wooster Group und streamen prägende Inszenierungen online.

INTERNATIONALES PANORAMA

Erstmals mit einer größeren Inszenierung in Deutschland zu Gast ist das taiwanesische Kollektiv Shakespeare’s Wild Sisters Group (Taipeh). Um vier Frauen in Umbruchsituationen dreht sich ihre Inszenierung »親愛的人生 (Dear Life)«. Sie basiert auf den gleichnamigen Kurzgeschichten der Nobelpreisträgerin Alice Munro und spielt in einem flirrenden urbanen Universum im heutigen Taipeh.

»笑顔の砦 (Fortress of Smiles)« nennt der japanische Theatermeister Kuro Tanino (Tokio) sein Stück, in dem er zwei identisch erscheinende, Wand an Wand gelegene Wohnungen als hyperrealistische, simultan bespielte Schauplätze auf die Bühne bringt. Während in der einen Wohnung eine Gruppe von Fischern ihrer fröhlichen, durch kleine Dissonanzen unterbrochenen Routine nachgeht, spielt sich in der anderen das Drama einer Familie ab, die an der fortschreitenden Alzheimer-Erkrankung der Großmutter zu zerbrechen droht.

Die iranische Theatermacherin Parnia Shams (Teheran) schrieb und inszenierte ihr Stück »است (ist)« zusammen mit Theaterstudentinnen, die als Schulerinnen einer fiktiven Schulklasse einer Teheraner Privatschule auf der Bühne stehen. In diese Schulklasse kommt mitten im Schuljahr eine neue Schülerin aus der Provinz. Sie freundet sich mit der Klassenbesten an, und schon bald gerät die Freundschaft unter den Druck des schulischen Machtapparats.

Erstmals einem Berliner Publikum präsentiert sich auch das norwegische Kollektiv Susie Wang um die Autorin und Regisseurin Trine Falch (Oslo). Ihre Arbeit »Burnt Toast« ist in einer Hotellobby mit Rezeption und Fahrstühlen angesiedelt, einem scheinbar banalen Setting, aus dem sich ein groteskes Szenario entwickelt, das in fantastischer und doch konkreter Weise als »existenzielles Splatter-Theater für Erwachsene« die Prinzipien menschlicher Reproduktion ad absurdum führt.

Neu zu entdecken ist auch der galicische Dramatiker und Regisseur Pablo Fidalgo (Vigo). »La Enciclopedia del Dolor. Tomo I: Esto que no salga de aqui« (»Die Enzyklopadie des Schmerzes. Band 1: Das darf den Raum nicht verlassen«) führt uns in seine damalige, von Maristen-Priestern geleitete Schule. Deren Geschichte von sexuellem Missbrauch und Gewalt wurde jahrzehntelang vertuscht und erst 2021 durch die Zeitung EL PAIS aufgedeckt. Fidalgos Monolog, gespielt von Gonzalo Cunill, entwirft die Radiographie eines Landes, in dem sich Inquisition und Franco-Diktatur noch im täglichen Leben spiegeln.

Eine Berliner Geschichte aus der Außenperspektive erzählt der in der Schweiz lebende französische Autor, Regisseur und Schauspieler Cedric Djedje (Genf) in »Vielleicht«. Bei einem Arbeitsaufenthalt im Wedding entdeckte er das Afrikanische Viertel. Er, selbst Sohn von Eingewanderten aus der ehemaligen Kolonie Elfenbeinküste, begegnet dort einem Stadtteil, der nicht etwa seine afrikanischen Bewohner_ innen würdigt, sondern den deutschen Anspruch auf ein Kolonialreich – etwa indem er Kolonialverbrechern Straßennamen widmet, deren Umbenennung bis heute von Anwohner_innen torpediert wird.

NEUE DRAMATIK AN DER SCHAUBÜHNE

Neben den internationalen Gastspielen sind beim FIND auch wieder drei aktuelle Produktionen neuer Dramatik der Schaubuhne zu erleben. Tina Satter (New York) inszeniert mit dem Schaubühnen-Ensemble die deutschsprachige Erstaufführung ihres Stückes »House of Dance«, das in einem Stepptanz-Studio in der Provinz spielt. Aus dem Repertoire der Schaubühne sind das deutsch-ukrainische Projekt »Sich waffnend gegen eine See von Plagen (ОЗБРОЮЮЧИСЬ ПРОТИ МОРЯ ЛИХ)« von Stas Zhyrkov und Pavlo Arie (Kyiv) sowie »Nachtland« von Marius von Mayenburg (Berlin) zu sehen.

DISKURS, AUSTAUSCH, PARTY

Natürlich stehen auch wieder Publikumsgespräche mit den am Festival beteiligten Künstler_innen auf dem Programm. Dabei widmen wir unserem Artist in Focus Elizabeth LeCompte und The Wooster Group ein eigenes Podium. Ein zweites Podiumsgespräch setzt sich kritisch mit dem Fortbestehen kolonialer Strukturen in Berlin auseinander. Zum Festival-Abschluss möchten wir mit Ihnen in den Mai tanzen und laden ein zur großen FIND-Abschlussparty.

Produktionen FIND 2023

Die Programmzeitung zum FIND 2023 können Sie hier als PDF downloaden.


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