03/12/2024 > Programmvorschau Festival Internationale Neue Dramatik vom 18. bis 28. April 2024

Bei der diesjährigen Ausgabe des Festival Internationale Neue Dramatik zeigt die Schaubühne zeitgenössisches Theater aus den verschiedensten Teilen der Welt. Zu entdecken sind neue Texte und Inszenierungen, Stückentwicklungen und dokumentarische Projekte von namhaften Künstler_innen wie von bisher in Deutschland unbekannten Gruppen. Artist in Focus ist der britische Dramatiker Alexander Zeldin.

Beim einzigen großen internationalen Theaterfestival der Stadt zeigt die Schaubühne auch in diesem Jahr wieder außergewöhnliche Produktionen aus aller Welt. Darunter sind zum ersten Mal drei Inszenierungen in portugiesischer Sprache. Auch diesmal widmet das Festival einer bedeutenden Persönlichkeit des internationalen Theaters einen Programmschwerpunkt. Verschiedene Gesprächsformate begleiten das Programm. Anlässlich des 50. Jahrestages der »Nelkenrevolution« findet eine Diskussionsrunde zum neuen Faschismus in Europa statt.

Artist in Focus: Alexander Zeldin

Im Zentrum steht 2024 das Werk des britischen Dramatikers und Regisseurs Alexander Zeldin. Den internationalen Durchbruch erfuhr er mit seiner Trilogie »The Inequalities«. Darin schafft Zeldin ein Triptychon der britischen Gesellschaft im Zeitalter eines von der Politik kaputtgesparten Sozialsystems. Nach »Beyond Caring« und »LOVE« ist beim FIND nun der dritte Teil zu sehen: »Faith, Hope and Charity«. Darin wird ein Nachbarschaftszentrum zum Ort von Solidarität und gemeinschaftlichem Zusammenhalt. In seiner neuesten Inszenierung »The Confessions«, die das diesjährige Festival eröffnet, geht Zeldin auf die Suche nach den Lebenslinien seiner eigenen Mutter und zeichnet das Bild einer persönlichen und politischen Emanzipationsgeschichte. Daneben wird erstmals Zeldins eigene Verfilmung seines Stückes »LOVE« in Deutschland zu sehen sein, gefolgt von einem Werkstattgespräch mit dem Künstler. Aus dem aktuellen Repertoire der Schaubühne ist Zeldins Inszenierung »Beyond Caring« (2022) zu sehen.

Internationales Panorama

Zum ersten Mal stellt das FIND 24 gleich drei Inszenierungen in portugiesischer Sprache vor. Bei unserem Festival rücken diese – vor dem Hintergrund des 50. Jahres­tags der »Nelkenrevolution« am 25. April 2024 – in einen gemeinsamen Kontext. Die Revolution läutete gleichermaßen das Ende der letzten faschistischen Regime in Europa wie auch des europäischen Kolonialismus in Afrika ein. Doch welche Zukunft liegt im Zeitalter eines weltweiten rassisti­schen Rechtsrucks und der Selbstabschot­tung Europas vor den Migrationsströmen vor uns?

»Catarina e a beleza de matar fascistas« (Lissabon) des Autors und Regisseurs Tiago Rodrigues begegnet in Form einer grotesken Fabel dem antifaschistischen Erbe Portugals. Eine widerständige Familie hat ein besonderes Ritual entwickelt – jedes Jahr wird ein Faschist gefangen und erschossen. Doch plötzlich regt sich auch in den eigenen Reihen Widerstand gegen die Gewalt. Was passiert, wenn ein neuer Faschismus genau diesen Humanismus als Schwäche ausnutzt?

Die Relikte des portugiesischen Kolonialismus in der Gegenwart verfolgt Marco Martins in »Pêndulo« (Lissabon). Mit seinen Protagonistinnen und Ko-Autorinnen aus den einstigen Kolonien in Afrika und Lateinamerika, die heute als Pflege- und Reinigungskräfte in Lissabon arbeiten, entwirft er ein Panorama der Gesellschaft in Bewegung, zwischen Periphe­rie und Zentrum; zwischen Zuhause und Arbeit; zwi­schen Vergangenheit und Gegenwart.

Aus Brasilien, das bis heute mit der Bewältigung seines patriarchalen Kolonialerbes zu kämpfen hat, ist »Manifesto Transpofágico« (São Paulo) von Renata Carvalho zu sehen, das die Lebensrealität der täglich von Gewalt bedrohten »travestis« beleuchtet. Den Blicken des Publikums ausgesetzt, erzählt Carvalho mit dokumenta­rischem Videomaterial vom systematischen Ausschluss jeglicher Andersartigkeit.

In »Not One of These People« (Quebec/London) kehrt ein zentraler Autor der Gegenwartsdramatik an die Schaubühne zurück: Martin Crimp; diesmal als Performer unter der Regie von Christian Lapointe. Auf der Bühne löst Crimp durch ein Deepfake-System Videostatements von Personen aus, die von einer künstlichen Intelligenz generiert wurden.

Das italienische Kollektiv Kepler-452 (Bologna) unternimmt mit »Il Capitale – un libro che ancora non abbiamo letto« den Versuch, zusammen mit den streikenden Fabrikarbeiter_innen eines norditalienischen Automobilzulieferers »Das Kapital« von Karl Marx auf die Bühne zu bringen. Nicht alle Beteiligten haben das Buch gelesen. Und so erkunden sie die enorme Distanz zwischen Theorie und Praxis, Kunst und Arbeit und werfen neue Fragen zur Aktualität des Klassenkampfes auf. 

Das Theater KnAM aus Russland erforscht mit »Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica)« (Komsomolsk am Amur/Lyon) die verdrängten Ursprünge ihrer am östlichsten Ende des Landes gelegenen Heimat­stadt in den Deportationen des Gulag. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Frankreich geflüchtet, schreibt die Gruppe in der Neufassung ihres Stücks die gespenstische Kontinuität der Gewalt in Putins Russland aus dem Exil fort.

Neue Dramatik an der Schaubühne

Über die internationalen Gastspiele hinaus sind beim FIND auch wieder aktuelle Produktionen neuer Dramatik an der Schaubühne zu sehen. Im Rahmen des Fokus auf Alexander Zeldin zeigen wir seine Inszenierung »Beyond Caring. Außerdem ist die Uraufführung von »The Silence« von Falk Richter zu sehen, die als eine der zehn bemerkenswertesten Inszenierungen der Saison zum diesjährigen Theatertreffen eingeladen wurde.

Das künstlerische Programm wird begleitet von Publikumsgesprächen und Podiumsdiskussionen zu den verhandelten Inhalten. In Anknüpfung an den Jahrestag der »Nelkenrevolution« findet eine Diskussionsrunde mit Tiago Rodrigues und weiteren Gästen zum Thema »Faschismus in Europa: Über die Schönheit, den Rechtsruck zu verhindern« statt. Die Bühnenadaption von »Das Kapital« fortführend, gibt es unter dem Titel »Der Wert der Zeit« ein Gespräch über die Inszenierung, zur Aktualität des Buches und zu Perspektiven der Vergesellschaftung, u.a. mit Collettivo di Fabbrica GKN und Peter Birke.

FIND 2024 Übersicht nach Spieltagen 

Donnerstag, 18. April
20.00 – 22.00 Uhr                  The Confessions von Alexander Zeldin

Freitag, 19. April
19.00 – 21.00 Uhr                  The Confessions von Alexander Zeldin
21.15 – 23.45 Uhr                  Catarina e a beleza de matar fascistas von Tiago Rodriges

Samstag, 20. April
13.00 – 14.30 Uhr                  Podiumsgespräch: Faschismus in Europa: Über die Schönheit, den Rechtsruck zu verhindern
15.00 – 17.00 Uhr                  The Confessions von Alexander Zeldin
16.00 – 17.40 Uhr                  Pêndulo von Marco Martins & Arena Ensemble
18.00 – 19.40 Uhr                  Il Capitale – un libro che ancora non abbiamo letto von Kepler-452
20.00 – 22.30 Uhr                  Catarina e a beleza de matar fascistas von Tiago Rodriges
21.00 – 22.40 Uhr                  Pêndulo von Marco Martins & Arena Ensemble
23.00 Uhr                               FIND-Party

Sonntag, 21. April
14.00 – 15.30 Uhr                  Podiumsgespräch: Der Wert der Zeit
16.00 – 17.40 Uhr                  Pêndulo von Marco Martins & Arena Ensemble
18.00 – 19.40 Uhr                  Il Capitale – un libro che ancora non abbiamo letto von Kepler-452
20.00 – 21.40 Uhr                  Pêndulo von Marco Martins & Arena Ensemble

Montag, 22. April
20.00 – 21.40 Uhr                  Il Capitale – un libro che ancora non abbiamo letto von Kepler-452

Dienstag, 23. April
20.00 – 21.40 Uhr                  Not One of These People von Martin Crimp

Mittwoch, 24. April
17.30 Uhr – 19.10 Uhr           Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica)                                               
                                             von Tatiana Frolova/Theater KnAM
20.00 – 21.40 Uhr                  Not One of These People von Martin Crimp

Donnerstag, 25. April
17.30 Uhr – 19.10 Uhr           Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica)                                                
                                             von Tatiana Frolova/Theater KnAM
20.00 – 21.00 Uhr                  Film: LOVE von Alexander Zeldin, Künstlergespräch im Anschluss
21.30 Uhr – 23.10 Uhr           Моя маленькая Антарктида (My Little Antarctica)                                              
                                              von Tatiana Frolova/Theater KnAM

Freitag, 26. April
20.00 – 22.00 Uhr                  Faith, Hope and Charity von Alexander Zeldin

Samstag, 27. April
16.00 – 17.45 Uhr                  The Silence von Falk Richter
18.00 – 19.45 Uhr                  Beyond Caring von Alexander Zeldin
20.00 – 21.45 Uhr                  The Silence von Falk Richter
20.30 – 22.30 Uhr                  Faith, Hope and Charity von Alexander Zeldin
22.00 – 23.40 Uhr                  Manifesto Transpofágico von und mit Renata Carvalho
23.00 Uhr                               FIND-Party

Sonntag, 28. April
14.00 – 15.40 Uhr                  Manifesto Transpofágico von und mit Renata Carvalho
16.00 – 17.45 Uhr                  The Silence von Falk Richter
18.00 – 19.45 Uhr                  Beyond Caring von Alexander Zeldin
20.00 – 22.00 Uhr                  Faith, Hope and Charity von Alexander Zeldin
21.00 – 22.40 Uhr                  Manifesto Transpofágico von und mit Renata Carvalho

Bei Anfragen bezüglich Pressekarten, der Vermittlung von Interviews sowie Informationen rund um das Festival wenden Sie sich gerne per Mail an: Julia Kretschmer: jkretschmer@schaubuehne.de.

Ausgewählte Pressebilder zum Download finden Sie in unserem Pressebereich.

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