07/23/2021 > Vorschau auf die erste Spielzeithälfte 2021/22 an der Schaubühne
Ur- und Erstaufführungen von Katie Mitchell, Jan Bosse, Marius von Mayenburg und Thomas Ostermeier und neue Gesprächsreihe mit Vanessa Vu
Neben fünf Ur- und Erstaufführungen von Texten der Autor_innen Chris Bush, Christian Kracht und Maja Zade erwartet das Publikum mit »Klassenzimmer« eine neue Gesprächsreihe mit Vanessa Vu, Journalistin, Autorin und Podcasterin. Die Kampagne zur neuen Spielzeit wurde von der Bildenden Künstlerin Katharina Sieverding gestaltet.
Nachdem die Schaubühne erstmals in ihrer Geschichte ohne Sommerpause durchgespielt hat, eröffnet das Theater am 4. September die neue Spielzeit mit »Kein Weltuntergang«, einem Text der jungen britischen Autorin Chris Bush, den Katie Mitchell im Globe inszeniert. In collageartig montierten kurzen Szenen treffen eine junge Postdoktorandin und eine berühmte Klimaforscherin aufeinander und streiten darüber, ob das Ende der menschlichen Zivilisation noch aufzuhalten sei.
Die Autorin und Dramaturgin Maja Zade übernimmt in »ödipus« Konflikte und Konstellationen des antiken Mythos und untersucht, wie ein privilegiertes Leben der Gegenwart binnen eines Tages in tausend Stücke zerfällt und nichts, was als sicher galt mehr Bestand hat. Die Uraufführung in der Regie von Thomas Ostermeier findet am 3. September in Griechenland im antiken Theater von Epidauros statt, anschließend ist die Inszenierung ab dem 19. September in Berlin sehen.
Zum ersten Mal an der Schaubühne inszeniert Jan Bosse. Im November bringt er den neuen Roman von Christian Kracht zur Uraufführung. In »Eurotrash« begeben sich ein Ich-Erzähler namens Christian Kracht und seine exzentrische, schwer kranke Mutter mit 600.000 Schweizer Franken, Wodka, Schlafmitteln und künstlichem Darmausgang auf einen wilden Roadtrip durch die Schweizer Berge und streiten um die Erinnerung an eine Familiengeschichte, die geprägt ist von mondänem Jetset, Nazi-Erbe, Missbrauch und Sucht. Die Rollen von Mutter und Sohn spielen Angela Winkler und Joachim Meyerhoff.
Zum Abschluss der ersten Spielzeithälfte inszeniert Marius von Mayenburg Ende November die Uraufführung von Maja Zades Stück »reden über sex«, in dem sich drei Männer und drei Frauen in Berlin einmal im Monat treffen, um über Sex zu sprechen. Einen Abend lang sehen und hören wir ihnen dabei zu, wie sie komische und peinliche Geschichten erzählen, Bizarres gestehen und Erschütterndes beichten. In ihren Bekenntnissen offenbaren sich urbane Einsamkeit, verschwiegene Sehnsucht und die Erotik des Darüber-Sprechens.
Nachdem das Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) zweimal ausfallen musste, werden nun einige der schon 2020 geplanten Arbeiten zusammen mit neuen Produktionen im Herbst präsentiert. Das FIND 2021 zeigt von 29. September bis 10. Oktober Gastspiele neuer Inszenierungen und Texte aus Moskau, Madrid, Birmingham, New York, London u. a. sowie Lesungen und Diskursveranstaltungen.
»Wer hat meinen Vater umgebracht« (Qui a tué mon père) von Édouard Louis kommt im Rahmen des FIND-Festivals zur Premiere in Berlin. Der Autor steht in Thomas Ostermeiers Pariser Inszenierung selbst auf der Bühne und versucht, mittels einer Wiederannäherung an seinen als gewalttätig, trunksüchtig und homophob erinnerten Vater, auch eine Chronik und Neuschreibung der jüngsten Geschichte Frankreichs.
Der monatlich stattfindende Streitraum von und mit Carolin Emcke steht in der kommenden Spielzeit unter dem Thema »Pluralisierung der Gegenwart - Pluralisierung der Erinnerung « und geht der Frage nach den blinden Flecken, den religiösen, kulturellen und sozialen Normierungen einer sich gern säkular, offen und pluralisiert gebenden Demokratie nach. Im Streit ums Politische diskutiert Heinz Bude an vier Terminen im Herbst und Winter mit seinen Gästen über das Thema »Ruhm«. Hinterfragt werden soll die Sehnsucht danach, einzelne Menschen, ihre Taten und Werke unvergänglich weiterleben zu lassen, in einer Welt vielfältiger Vergänglichkeiten.
Ab September lädt die Journalistin und Autorin Vanessa Vu für die Reihe »Klassenzimmer – Woher kommst du wirklich?« an vier Terminen Weggefährt_innen aus der Kindheit und Expert_innen ein, um ganz persönlich und subjektiv über die Wirkmacht sozialer Herkunft nachzudenken. Denn die Frage nach der Herkunft beantworten die meisten geografisch – aber ist es wirklich der Ort, der uns prägt? In der neuen, monatlich stattfindenden Gesprächsreihe nähert sich die Journalistin Vanessa Vu über Lebensgeschichten den verschiedenen Milieus dieses Landes, erkundet ihre unbesprochenen Winkel, stellt sie einander gegenüber und versucht, sich dadurch auch selbst besser zu erkennen.
Die Reihe der Bildenden Künstler_innen, die für die Schaubühne die Spielzeit-Kampagnen gestalten, wird mit der mehrfachen Documenta-Teilnehmerin Katharina Sieverding fortgeführt. Die Künstlerin (geb. in Prag, aufgewachsen im Ruhrgebiet, lebt und arbeitet in Düsseldorf) arbeitet seit mehr als fünf Jahrzehnten im Bereich der Fotografie, Projektion und Installation und hat deren vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten früh erkannt und erweitert. Sie setzt sich mit Fragen nach Identität als auch mit den gesellschaftspolitischen Themen wie Nationalismus, Widerstand, Gewalt und Flucht auseinander. Für die Spielzeit-Kampagne der Schaubühne wählte sie Detailaufnahmen aus Arbeiten der letzten vierzig Jahre aus.
Das Spielzeitheft mit weiteren Informationen finden Sie online unter: https://www.schaubuehne.de/de/uploads/Spielzeitheft_21_22_.pdf
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